Als ich noch Kind war benutzte man das Wort â??in’ nur vor Ortsbezeichnungen. Heute ist es â??in’, â??in’ zu sein. â??in’-Leute haben ihre Sprache mit amerikanischen Begriffen durchsetzt, die durch phonetische Hässlichkeit besonders auffallen.
Damit schaffen sie für sich selbst eine Aura des â??successfull’. Will sagen erfolgreich und überlegen. Überlegen meint, ‘über anderen zu liegen’. Viele Menschen fühlen sich oft unterlegen,sind es aber gar nicht sind.
Sie versuchen unbewusst durch perfekt korrekte Aussprache amerikanischer Bezeichnungen sich das Gefühl zu verschaffen, ‘über anderen zu liegen’, oder zu den Besseren dazu zugehören. Wenn die jeweils anderen dabei diese Ausdrucksweise dann gar nicht verstehen, umso besser. Steigt dann doch das Gefühl scheinbarer Ã?berlegenheit. Hauptsache sie bewegen sich im â??mainstream’, im Hauptstrom, und die Wirkung ist â??cool’. Anscheinend frieren sie in dieser Kühle nicht. Dabei reden sie oft viel und sagen nur wenig. ‘trendy’ zu sein ist alles. Es drängt sie, Zungenbrecher wie â??Massachusetts’ und ähnliches mit perfekter Andacht nur ja mit stark amerikanischer Slan-Färbung auch im Unterton vollendet auszusprechen.
Die Industrie geht darauf ein. Die Fernsehwerbung bei ntv verwendet deutsche Worte nur noch ausnahmsweise. Fast alle Werbebotschaften dort sind amerikanisch. Die Telekom kannte eine Zeit lang keine Ortsgespräche mehr; nur city-calls’. Vermutlich hat man das dann mal mit dem Computer-Schreibprogramm â??Word’ geschrieben und dabei diesen Unsinn bemerkt. Denn dieses aus den USA kommende Schreibprogramm erzeugt mit seiner automatischen Rechtschreibüberprüfung bei all diesen Vokabeln automatisch die Anzeige: ‘Keine Rechtschreibüberprüfung möglich’. Vermutlich haben Amerikaner uns da unterstellt, daÃ? wir nur in unserer eigenen Sprache schreiben und dieses ‘denglisch’ erst gar nicht in die Automatik mit einbezogen. Auf meiner Telefonrechnung ist jetzt von City- und Regional-Verbindungen die Rede. Welch ein Fortschritt ist doch dieser Rückschritt.
Die Nutzung des Frankfurter Flughafen ist ohne Englisch-Kenntnisse oder Wörterbuch nicht mehr möglich; in Düsseldorf geht das kaum noch ohne. Der Flughafen ‘Charles de Gaulle’ in Paris ist genauso international. Aber alle Schilder dort sind zweisprachig, französisch und englisch. Nicht englisch und französisch, oder nur englisch. Ã?ber Ausgängen auf spanischen Flughäfen steht nur ‘Salida’, nicht Exit.
Es schert uns nicht, wenn Amerikaner von Branswik, Kolloune, Hämbörg oder Mjunik reden, wenn sie Braunschweig, Köln, Hamburg oder München meinen.
Ein Offizier der englischen Armee erzählte mir vor Jahren, daß er in Deutschland schon seit langem bei ‘Dtschallitsch’ stationiert sei. Als ich das nicht verstand, zeigte er mir auf einer Autokarte: Jülich.
Die Franzosen fahren über Aix-La-Chapelle nach Collogne. Nicht über Aachen nach Köln. Die Italiener sprechen von Frankoforte und Amburgo, wenn sie Frankfurt und Hamburg meinen. Kommt jedoch der aufrechte Deutsche mit seiner Perfektion und 100%keit nach Italien, passt er sich sofort an. Dort spricht er dann auch von Mailand, Venedig, Genua und Neapel, wenn er Milano, Venezia, Genova und Napoli meint. Korrektes Italienisch scheint nicht das gleiche Ansehen bei anderen Zeitgenossen zu erzeugen wie perfektes Amerikanisch. Natürlich denkt man dabei nicht an das Ansehen, sondern an das image.
Es war in Burg-St.Moritz, einer Kleinstadt in den französischen Alpen. Die Leute dort sagen Bourg-St.Maurice. Ein Mann auf der Straße, nach dem Weg befragt, antwortete mir: “Hinter makdonnall links abbiegen”. Die französischen Bezeichnungen für ‘hinter’ und ‘links abbiegen’ verstand ich. Mit ‘makdonnall’ konnte ich jedoch gar nichts anfangen. Ich fuhr die StraÃ?e einfach weiter runter und sah eine Mc-Donalds-Filiale. Da war es dann klar. Dabei bemerkte ich zu meinem Entsetzen, daÃ? auch ich gar nicht anders mehr sagen kann als: Mäk Donnelds.
Früher machte man die Standesunterschiede an der Kleidung fest. Die Besseren waren leicht durch andere Kleidung von den Geringeren zu unterscheiden. Die Schirmmütze der Armen von damals ist als baseball-cap zurückgekehrt. Nicht als Zeichen von Armut, sondern als folgsame Anpassung an den Zeitgeist. Einige Jugendliche scheinen diese Caps nachts im Bett noch auf dem Kopf zu behalten. Weil sie wohl im Kopf so schönes Selbstwert-Gefühl verschaffen. Nachdem nicht einmal der Stern aus Stuttgart-Untertürkheim beim Prestige das mehr ist, was er einmal war, brauchten die Menschen einen Ersatz dafür. Vor allem einen, der nicht so teuer ist wie ein Mercedes. Nun übernehmen sie jede alberne Bezeichnung aus Amerika mit Eifer und Wonne. Die in den USA durchaus gängige Bezeichnung ‘name drop in’ jedoch nicht. Das ist auch verständlich. Würde es doch zuviel offen legen. ‘name drop in’ bedeutet: Durch Namen hinein kommen. (Im Kreis der Besseren dazu gehören). Es gibt wohl viele Menschen für die das überaus wichtig zu sein scheint.
Schon 200 Jahre vor Christus meinte Ben Akiba, damals ein weiser Mann im Orient,: “Es ist alles schon einmal da gewesen”. Recht hatte er. Denn vor 100 Jahren hatten wir in Deutschland das gleiche ‘name drop in’ in französischer Ausführung schon einmal. Was heute als cool gilt, war damals ‘en vogue’ und super trendy der ‘dernier crie’. Der Bürgersteig war das Trottoir, das Sofa das Chaiselongue, der kleine Schrank das Vertikot. Von damals erhalten geblieben ist uns nur die Geldbörse, das Portemonnaie. Daher glaube ich, daÃ? sich die gleiche Unsitte in amerikanischer Ausführung eines Tages, bis auf einige Reste, von selbst ‘canceln’ wird.